Dorothea Eimert - Die Stiftung

Carola Peill mochte keine großen Worte und keine langen Reden. Sie liebte es nicht, im Vordergrund zu stehen. Sie war ein Mensch, der überlegten Entschlüsse, die sie knapp erläuterte und durchführte. Unter Unstimmigkeiten und Unfrieden litt sie. Dennoch wich sie nicht von ihren Entschlüssen ab. Sie war ungewöhnlich großzügig, gütig und warmherzig.
Sie half und förderte im Stillen, ohne viel Worte darum zu verlieren und ohne Bedingungen zu stellen. Sie war eine überragende Persönlichkeit. Geachtet und respektvoll geliebt.
Eine wesentliche Aufgabe Ihres Lebens sah Carola Peill in der Förderung junger Künstler und in der Unterstützung von aktueller Kunst.
Ihre krönende Tat wurde 1986 die Errichtung der Günther-Peill-Stiftung in Düren- zum Andenken an ihren bereits 1974 verstorbenen Ehemann. Zum hauptsächlichen Zweck dieser Stiftung bestimmte Carola Peill die Förderung junger Künstler.
Bis zuletzt wählte sie Selbst die Künstler und Künstlerinnen für die Förderstipendien aus und dokumentierte mit Ihrer Wahl ihr untrüglich sicheres Gespür für Qualität und Begabung.
Wenigstens einmal im Jahr versammelte Carola Peill ihre Stipendiaten-Kinder - wie sie diese liebevoll nannte - alle gemeinsam um sich, um Anteil zu nehmen an ihren Erfolgen und Sorgen. Auch zwischendurch gab es immer wieder Besuche und Telefonate Einzelner. Das letzte gemeinsame Treffen, zu dem sie geladen hatte, sollte am Vorabend ihres Todes, am 7. März 1992, sein.
Das Günther-Peill-Stipendium von Carola Peill bedeutet den geförderten viel. Neben persönlicher Anerkennung, Ehre und Hervorhebung schätzten die Stipendiaten und Stipendiatinnen vor allem auch den persönlichen Bezug zu Carola Peill, schätzten ihren Rat, ihre Begeisterungsfähigkeit und ihre Herzenswärme. Das mag die Äußerung eines Stipendiaten- stellvertretend für alle von ihr Geförderten- verdeutlichen": Die Nachricht vom Tod Carola Peills hat mich tief getroffen..... mir wurde wieder einmal klar, wie sehr Frau Peill meine Arbeit gefördert hat. Sie war ein großartiger Mensch, ich werde sie nie vergessen."
Carola Peill hat mit der Errichtung der Günther-Peill-Stiftung ein großartiges Werk geschaffen, mit dem sie über den Tod hinaus Kunst fördert. Der vorliegende Katalog stellt erstmals eine Auswahl der Stiftungssammlung vor, die im Wege der Erbschaft der Günther-Peill-Stiftung zugefallen ist. Die Sammlung umfasst Kunstwerke des 20. Jahrhunderts. Den Schwerpunkt bilden Werke von E.W.Nay. In ihrer Bedeutung, ihrer Gewichtung und Wirksamkeit ist die Günther-Peill-Stiftung für Düren ein Jahrhundertwerk. Sie ist zu vergleichen mit der Stiftung der Erben von Leopold Hoesch, die das Museum im Jahr 1905 errichteten.
Was Carola Peill noch sehr am Herzen lag und bisher nicht eingeleitet wurde, ist die Errichtung eines "Peill-Forums" als Anbau an das seit 1905 noch nie erweiterte Leopold-Hoesch-Museum. Den finanziellen Grundstock hierfür legte Carola Peill mit ihrem Testament. Große Taten bedürfen nicht großer Worte.

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Thomas Deecke - Günther und Carola Peill

es hätte sicher seinen Reitz, wenn der Autor seinen Text über die Kunstfreunde und Sammler Carola und Günther Peill damit beginnen könnte, dass er behauptete, den beiden wäre die Liebe zur Kunst in die Wiege gelegt worden. Nicht etwa, dass das Gegenteil der Fall gewesen wäre, dass sie also erst im Widerstand gegen ihre kunstuninteressierte oder gar die Kultur ablehnende Familien den eigenen und unverwechselbaren Weg der engagierten Kunstfreunde gegangen wären; nein, es hat dem Engagement für die Künste der eigenen Zeit um eine schrittweise vollzogene persönliche Entwicklung, bei der die unzertrennlichen Lebens- und Ehepartner einen gemeinsamen Weg zur Kunst und mit ihr erarbeitet haben.
Im großbürgerlichen Hause des Kommerzienrates Leopold Peill in Düren gab es sehr wohl Kunstwerke, die zusammen mit antiken Möbeln und dem, was die späte Gründerzeit an Einrichtungsgegenständen für zeitgemäß hielt, ein Ambiente gebildeter Gediegenheit darstellte. Auch wenn man heute bei der Zuschreibung der Kunstwerke des Hauses Peill, wie auch anderer Häuser großbürgerlichen Zuschnittes strenger vorgehen würde, die drei Geschwister Irmgard, Eberhard und Günther Peill aufwuchsen, doch einiger bedeutender und sicherlich auch das Bewusstsein für die Wertigkeit der Kunst prägenden Bilder rühmen., darunter ein Jungbrunnen des Lucas Cranach, ein Bild des Paolo Veronese mit der Darstellung der Catarina Cornaro, die Krone Cyperns an den Dogen von Venedig übergebend (inzwischen als ein Bild der Söhne Veroneses identifiziert), Bilder von Ruysdahl, von Palademes, Denner, antiken Statuen und was der Kunst der eigenen Zeit betraf, ein "nationales" Bild von Arthur Kampf, die Freiwilligen von Leuthen darstellend, aber auch Bildnisse des gleichen Künstlers von Mitgliedern der Familie und natürlich das obligate Portrait des Chefs der Familie von Franz von Lenbach. Es herrschte also durchaus die Atmosphäre wohlhabend bürgerlichen Ambientes, in der die Kunst als Zeichen des Gebildet seins wie auch des Renommees wie selbstverständlich zur Lebensart gehörte., ebenso wie das neue Automobil mit der Nummer Rheinland 3. Nichts sprach aber auch dafür, dass der jüngste der Geschwister, Günther Peill, sich je für das Gebiet der Kunst, schon gar der Moderne, würde enthusiasmieren lassen. Bei Carola waren die Verhältnisse etwas anders. Früh schon entschied sie sich für einen künstlerischen Beruf: Im Theater und im Film fand sie erste Erfüllung ihrer darstellerischen Möglichkeiten, von denen sie in ihrem langen Leben, allen denen gegenüber Zeugnis ablegte, die Carolas Temperament und ihre darstellerischen Fähigkeiten erleben konnten. Auch Günther ging einen wohl nach den damaligen Kriterien unbürgerlich zu nennenden Weg, der ihn zuerst einmal aus den Problemen der konservativ geprägten Familie in das aufregende Berlin der 30er Jahre führte, wo er sich u.a. als Verkäufer von Automobilen betätigte, was ganz bestimmt nach den Kriterien der damaligen Zeit nicht als ein

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Christiane Vielhaber: Carola Peill Eigentlich....

"Menschen, die man nie vergisst" , so hieß eine Serie im "Readers Digest", das meine Eltern in den 50er und frühen 60er Jahren abonniert hatten, und das auch uns Kindern als Lektüre freigegeben war. Ich fand diese Folgen besonders schön. Die Menschen waren alle so edel und gut, so selbstlos und hilfreich. So ganz anders als im wirklichen Leben. Nur ganz selten ging es dabei um prominente Menschen. vielmehr wurden hier starke und bewundernswerte Persönlichkeiten portraitiert. Eben solche, die man ganz selten trifft, und wenn man sie trifft, nie mehr vergisst. Für mich war Carola Peill eine solche. Ich traf sie das erste Mal genau vor zehn Jahren anlässlich der Ausstellung "Stiftung Günther und Carola Peill", damals noch im Untergeschoss des alten Ludwig-Museums an der Realschule. Gezeigt wurden Zeichnungen und Druckgraphik des Expressionismus und der zeit nach 1945, darunter ein großes Konvolut von Papierarbeiten von E.W.Nay, der für die Peills Dreh- und Angelpunkt ihrer Sammeltätigkeit und ihrer Liebe zur Kunst überhaupt war. Damals war Carola Peill seit knapp zehn Jahren Witwe und fühlte sich in der nun einsamen Rolle als Stifterin, Mäzenin und Sammlerin sichtlich unwohl.
Hochachtung, Wertschätzung, Bewunderung- diese Art der Gefühle hören sich möglicherweise nach großer Distanz an. Ich aber habe sie ihr entgegengebracht, obwohl sie mir in vielen Begegnungen und Besuchen in ihrer Rodenkirchener Wohnung auf ihre besondere Art auch freundschaftlich und herzlich verbunden war. Interessiert und Anteil nehmend. Sie war mir, so darf ich glaube ich sagen, auch menschlich verbunden. Aus gutem Grund, denn ihr war nichts Menschliches fremd! Die Offenheit, mit der sie ihrem Gegenüber begegnete, diese Direktheit und Schnörkellosigkeit, ja manchmal sogar Schroffheit ihres Wesens, hat mich immer wieder ebenso überrascht wie fasziniert. Eine Schnörkellosigkeit, die sie auch im Umgang mit Kunst zeigte. Kunst wurde bei ihr zuhause nie vorgeführt, nie zelebriert oder gar aus dem Leben gerückt, sondern im Gegenteil eher selbstverständlich, fast beiläufig integriert. Für eine Ausstellung wollte ich unbedingt das Max Ernst-Gemälde "Die Geburt der Tragödie" ausgeliehen haben, dass mir aus dem Bestandskatalog des Museum Ludwig bekannt war. Dieses Bild, so erfuhr ich dann, sei leider nicht ausleihbar, denn die Stifterin habe sich ausbedunken, ihren Lebensabend zu Hause mit diesem Bild zu verbringen. Namen wurden nicht genannt, aber kein Zweifel daran gelassen, dass es sich dabei um eine ebenso willensstarke wie eigenwillige Persönlichkeit handele und ich mit meinem Wunsch auf Granit bisse. mit der Unbekümmertheit einer unerfahrenen Ausstellungsmacherin habe ich ihr (die Provenienz war unschwer zu finden), dann einfach geschrieben. Und, was niemand erwartet hatte, mich eingeschlossen, Carola Peill reagierte prompt und rief mich an. Nein, hergeben würde sie das Bild nicht, aber ich soll sie doch mal zu Hause besuchen. Was ich denn auch umgehend tat! Eine schöne, helle großzügige Wohnung. Überall hing und stand Kunst herum. Kleine Meisterwerke, Gelegenheitskäufe, Künstlergeschenke, Mitbringsel- aber weit und breit kein Max Ernst. Wir erzählten, genehmigten uns mehrere Schlückchen und rauchten wie die Schlote. Aber das hat mir, ich gestehe es freimütig, imponiert. Nur ganz selten sprachen wir über das Sosein und Dasein der Kunst an sich. Eigentlich stets über die Zufälle und Umstände, unter denen die einzelnen Stücke, die dann später zur Sammlung wurden, erworben waren und über prägende persönliche Beziehungen zu Kunsthändlern und Künstlern. Mit ihrem Urteil über Künstler, Museumsleute und andere Zeitgenossen war sie nicht gerade zimperlich, gleichwohl besaß sie ein hohes Maß an Toleranz, u.a. auch bestimmte Tendenzen der Kunst gegenüber, mit der sie "eigentlich so recht nichts anfangen" konnte. Selbst einige Kunstwerke in ihren eigenen vier Wänden, Abstellkammer und Toilette eingeschlossen, fand sie "eigentlich gar nicht so doll". Das Wörtchen eigentlich sollte dann für mein Anliegen zum entscheidenden Wort werden. Denn irgendwann brachte ich dann doch noch den Max Ernst ins Gespräch. Carola Peill bat mich daraufhin in ihr Schlafzimmer. Dort hing er, viel kleiner, als ich gedacht hatte und viel schöner, als auf der Abbildung, oben über ihrem Bett. Da, so mein Einwand, könne sie ihn doch gar nicht sehen, wenn sie im Bett liege. Frau Peill dachte einen Moment lang nach. "Eigentlich" hätte ich da nicht so unrecht, aber "eigentlich" wolle sie das Bild wirklich nicht herausrücken. Eigentlich! Denn am ende tat sie es schließlich doch. Ihre Entscheidungsfreude war umwerfend, dies um so mehr, als sie einmal getroffene Entscheidungen je nach Stimmungslage auch selbst wieder umwarf. So gesehen, war sie nicht nur eine unprätentiöse, unkonventionelle, offene und herzliche, starke Persönlichkeit, sie war auch eine umwerfende Frau. Ein Mensch, den ichs eben nie vergessen werde.

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